Montag, 21. Juni 2021

Schweriner Außensee

 Tag 2: Die Außense(e)ite

gefahren im: Oktober 2021
Start & Ziel: Rampe, Sackgasse am Radweg
Länge: 35 km
Seequerungen: 1 (Brücke und Damm)
Landschaft: Weiden und Wald
Wegbeschaffenheit: erst super Radweg, dann wilder Matschpfad oder Straße
Steigungen: wenige bei Willigrad
Wetter: grau mit einzelnen Tropfen
Wind: angeblich Böen bis 50 km/h, aber nur auf dem letzten Stück zu spüren
Highlight: Fischimbiss Hohen Viecheln
Größte Hürde: gerissene Kette im Matsch
Zitat des Tages: "Zwei junge Männer aus Hohen Viecheln wollten sich nachts aus dem Aalfang mit frischem Aal versorgen. Da bemerkten Sie auf der Erdschanze hinter dem Wallensteingraben ein Lagerfeuer und in seinem Schein schwedische Uniformen."
-Hinweistafel zur Schwedenschanze am Niklot-Pfad-

1. Fahren Sie nun um die nördliche Hälfte vom Schweriner See. Meistens nennt sich so was Obersee, aber die Schweriner haben ihn Außensee genannt, weil er an ihrer Außenstadt... nee, das Wort gibts gar nicht. Der See grenzt tatsächlich noch an Wickendorf, einen offiziellen Stadtteil Schwerins.
Wenn Sie sich gleich zu beginn das Sahnestück des Rundwegs gönnen wollen, nehmen Sie zuerst den Radweg am Ostufer.

Bewundern Sie den Weidenweg mit Hagebutten. Auch wenn Sie hier schnell vorankommen, vergessen Sie nicht, ab und zu einen Blick auf den See zu werfen, wenn er sich zwischen den Pflanzen zeigt. Er sieht ganz anders aus als der Außensee, trüb und grau statt klar und blau. Das könnte aber daran liegen, dass inzwischen ein halbes Jahr vergangen und der Herbst eingezogen ist. Auf den stürmischen Wellen sind sogar Windsurfer unterwegs.

2. Fahren Sie am Campingplatz von Flessenow geradeaus weiter, bis Ihnen auffällt, dass Sie auf eine Sackgasse zusteuern.

Sollten Sie nur mit Ihrem Vater unterwegs sein, nutzen Sie die Gelegenheit für eine echte Männertour. Neben schnellerem Tempo gehört dazu auch furchtloses Experimentieren mit Abkürzungen quer durch Schrebergärten und Sümpfe.
In diesem Sumpf haben sich siegreiche Soldaten aus Belarus am Ende des Zweiten Weltkriegs traditionelle Blockhütten gebaut. Einige Monate später wurden die Hütten als Quarantänelager benutzt, in dem 235 Menschen starben.


3. Finden Sie den richtigen Weg wieder und finden Sie den Langen See und den Döpen. Diese wunderbaren Wasserflächen entstanden aus Toteis am Ende der Eiszeit und verstecken sich nun tief im Wald.

Lesen Sie sich sämtliche Metalltafeln auf dem Niklot-Pfad durch. Die Tafeln informieren über die Überreste historischer Stätten, wobei es deutlich mehr Tafeln als Überreste gibt. Im Grunde besteht der Niklot-Pfad fast nur aus Findlingen und Metalltafeln.
Der dickste Findling steht da, wo der Slawenfürst Niklot seine wichtigste Burg in den Sumpf gebaut hat. Die Burg von Dobin konnte Kreuzzügen aus Dänemark und Sachsen gleichzeitig standhalten. Damit die Belagerer endgültig abzogen, musste Niklot aber trotzdem einen Kompromiss aushandeln und ein paar Leute taufen lassen. Trotzdem wurde er später an der Warnow besiegt. Sein Geist soll hier je nach Quellenangabe alle 100 Jahre oder jede Nacht herumreiten.

4. Kehren Sie bei Hohen Viecheln zurück in die Gegenwart in Form der Bahntrasse Rostock-Hamburg.

Statten Sie der Gotischen Hallenkirche einen Besuch ab. Von außen sieht sie vielleicht ein wenig klobig und löchrig aus, zumal die Glocken in einem ollen Schuppen hängen, weil der Kirchturm nie fertiggebaut wurde.
Die Löcher stammen von Holzbalken, die ein Gerüst bildeten und nach dem Bau rausgezogen wurden. Ich habe aber noch nie so viele dieser Löcher gesehen, die Hohen Viechelner waren bei der Sicherheit ihrer Baugerüste offenbar besonders vorsichtig.
Aber lassen Sie sich nicht davon täuschen.

Doch von innen ist die Kirche - wow! Die Säulen tragen Streifen aus glasierten Backsteinen. Normalerweise werden solche Steine nur draußen zum Angeben eingemauert, weil sie so teuer sind, doch die Hohen Viechelner sind nicht nur vorsichtig, sondern auch bescheiden und konzentrieren die ganze Pracht auf den Innenraum. Der ist auch noch super sauber und in Schuss. Ein Schild am Eingang macht Werbung für den Podcast des Pastors.

Gönnen Sie sich am Imbiss ein warmes Fischbrötchen, es lohnt sich. Passen Sie dabei auch gleich einen Regenschauer ab. Lesen Sie auf der Zeittafel, dass diese Fischerfamilie hier schon seit 1680 frische Fische fischt.

Fahren Sie lieber zur warmen Jahreszeit, denn der Außensee hat zahlreiche Badestellen. Viele sind mit Bänken ausgestattet, eine sogar mit einer blauen Schwimminsel.

5. Folgen Sie der Bahnstrecke durch den Wald und überqueren Sie den Wallensteingraben. Hier lebten mal Steinzeitmenschen. Im 16. Jahrhundert haben die Mecklenburger einen kleinen Kanal bis nach Wismar gebuddelt, sodass der Schweriner See plötzlich in die Ostsee und nicht mehr über Stör, Elde und Elbe in die Nordsee abgeflossen ist.

Einige Abenteurer paddeln auf diesem Weg vom Schweriner See in die Ostsee. Dabei stelle ich mir insbesondere die Stelle abenteuerlich vor, an der sie durch ein Gitter unter der Bahnstrecke durchmüssen.

Erobern Sie die Schwedenschanze! Das ist endlich mal ein historischer Ort, an dem ein klein wenig mehr zu sehen ist. 

Die Form des sternförmigen Walls ist noch gut zu erkennen. Seine Strahlen sind unterschiedlich lang und spitz, auf Symmetrie legten die Erbauer nicht viel Wert. Obendrauf wachsen Birken, hinten steht eine Bank mit schönem Seeblick.
Der Sage nach heißt das Ding Schwedenschanze, weil zwei Männer darauf schwedische Soldaten entdeckt und das Dorf gewarnt haben - die Schweden stockten ihre Armee damals unterwegs gerne per Zwangsrekrutierung auf.
Auf der Schanze waren also nie dauerhaft irgendwelche Schweden stationiert (selbst dass sie eine Nacht hier waren, ist nicht belegt). Die Schanze gehörte dem Mecklenburger Militär, das die Handelsroute vor Überfällen bewachen sollte. Also, jetzt nicht aus Barmherzigkeit mit den Händlern, sondern damit der Herzog in Schwerin genug Essen bekam.

5. Durchqueren Sie Bad Kleinen und ignorieren Sie die Schilder, die Sie über die Gleise leiten wollen - Sie können ebensogut auf dieser Seite bleiben. Fahren Sie vorbei an den Ruinen alter Bahnhofsgebäude und einem scheußlichen grauen Turm, in dem 50 Eigentumswohnungen entstehen sollen.

Obwohl Sie der Bahn eine Weile folgen, hat Bad Kleinen den einzigen Bahnhof an der Strecke. Er wurde mehrmals komplett umgebaut, damit in auch ja niemand wiedererkennt, wobei 2017 auch denkmalgeschützte Gebäude abgerissen wurden. In einem Tunnel (der inzwischen durch eine bunte Brücke ersetzt wurde) wollte die Polizei 1993 die letzten Terroristen der RAF festnehmen. Wolfgang Grams floh auf einen Bahnsteig und beging entweder Suizid oder wurde hingerichtet - suchen Sie sich eine Variante aus, der Sie lieber glauben. Was hingegen feststeht: Die Polizei machte ein paar schlampige Fehler, stürmte wegen eines missverstandenen Funkspruchs zu früh los und beseitigte beim Aufräumen wichtige Spuren, weshalb sich die Todesumstände auch nicht mehr ganz sicher feststellen lassen.


Während der Industrialisierung beschlossen die Eisenbahner, dass Sie lieber keine Bahntrasse über den Paulsdamm mitten über den Schweriner See bauen wollen. Wegen dieser Entscheidung ist Bad Kleinen immer noch ein wichtiger Umsteigepunkt.
Wenn Sie mit der Bahn irgendwohin fahren wollen, bringen Sie ein wenig Geduld mit. Zum einen müssen Sie einen großen Umweg machen, denn der Bahnhof hat keinen direkten Zugang zum See. Zum anderen wird die Bahnstrecke zwischen Rostock und Hamburg aktuell durch Baustellen zerhackt, sodass noch mehr verwirrte Reisende hier stranden. So hat die Wurstbude am Bahnhof immer genug hungrige Kunden.

Passieren Sie die drei Tunnel am Außensee:

Der bunte Bahnhofsbrückentunnel - Der verstörende Eiertunnel - Der Parkpflanzentunnel
  

6. Am Westufer hat der See eine schwarze Steilküste, gegen die Wellen klatschen. Nun haben Sie die Wahl: Wollen Sie festen Boden unter den Rädern, folgen Sie den Schildern auf die obere Straße. Haben Sie Lust auf Abenteuer, dann folgen Sie der dubiosen Karte, die Sie sich ausgedruckt haben auf den Weg unten am See.
Heben Sie Ihr Rad über zwei Bäume, schieben Sie durch schwarzen Schlamm. Jemand hat Teiles des Weges provisorisch befestigt, indem er einfach ganz viel Holz nebeneinandergelegt hat.

Falls Ihre Kette in diesem Wald reißen sollte, haben Sie ein Problem. Am gesamten Außensee gibts keine Fahrradwerkstatt, nicht mal in Bad Kleinen. Improvisieren Sie eine abenteuerliche Reparatur, die Ihre Kette bei vorsichtiger Fahrweise in niedrigen Gängen tatsächlich durchhält.
Biegen Sie das gerissene Kettenglied mit einer Zange auf, fädeln sie es wieder ein - und dann hämmern Sie es irgendwie fest. Halten Sie mit Ihrer ersten Hand die Kette mit der Zange fest, mit Ihrer zweiten Hand halten Sie einen schmalen Schraubendreher, damit ausschließlich die Niete plattgeklopft wird, und mit Ihrer dritten Hand hämmern  Sie den Hammer auf den Schraubendreher. Sie haben keinen Hammer? Nun, dann suchen Sie einen geeigneten mittelgroßen Stein. Nein, nicht am Seeufer, da sind nur Kiesel. Aber mit viel Geduld werden Sie auf dem Waldboden fündig.

7. Verlassen Sie spätestens in Willigrad den Uferweg und radeln Sie das Ufer hoch - jetzt reicht es mit Abenteuern. Eine Etage höher erreichen Sie die Dorfstraße.

Umrunden Sie das Schloss Willigrad. Auch wenn die Kunstausstellung darin schon geschlossen hat, können Sie es sich von allen Seiten anschauen. Es sieht dem Schloss Klink an der Müritz zum Verwechseln ähnlich. Schon erstaunlich, was man mit nichts als Ziegelsteinen und weißer Farbe für eine prächtige Fassade basteln kann. Vor dem Schloss steht der Braunschweiger Löwe.

Würdigen Sie auch den Blick vom Schlosspark auf den See, denn auf den letzten Kilometern werden die Seeblicke eher selten. Ein paar winzige Insel ragen spitz und grün aus dem Wasser.

8. Sausen Sie entlang der Straße durch diverse Dörfer und Maisfelder bis zum Ziel, hier ist eh nichts Interessantes. Sollten Sie Gegenwind haben, werden Sie ihn nur auf diesem Abschnitt spüren, bisher hat die Landschaft Sie gut geschützt. Keine Sorge, es ist sowieso nicht mehr weit.
Achtung: Der Name Hundorf ist wörtlich zu nehmen. Vermeiden Sie nach Möglichkeit einen Herzinfarkt, wenn der wilde Hundorfer Hund sie urplötzlich anbellt.

9. Biegen Sie in Wickendorf links ab zu der Stelle, wo die beiden Seen verbunden sind. Kehren Sie über den Paulsdamm nach Rampe zurück, das kennen Sie ja schon.

Freitag, 18. Juni 2021

Schweriner Innensee

Der ehrliche Reiseführer um den Schweriner See

Tag 1: Das verschlossene Schloss
gefahren im: Mai 2021
Start & Ziel: Rampe, Leezener Straße, Parkplatzstreifen
Länge: 32 km
Seequerungen: 1 (Brücke/Damm)
Landschaft: Raps, Wald, Kanäle und blaue Wellen
Wegbeschaffenheit: wilde Waldwege, straßenbegleitende Radwege
Steigungen: eine große und ein paar kleinere am Ostufer
Wetter: Sonnenbrand-Sommer
Wind: leichter Gegenwind
Highlight: Schlossinsel Schwerin
Größte Hürde: steiler Pfad am Ostufer
Zitat des Tages: "Ihr denkt vielleicht: Was ist das denn für ein komischer Stuhl? War der etwa für Leute, die sich überhaupt nicht leiden konnten? Nein, ganz im Gegenteil!"
-Führung für Kinder im Schloss Schwerin-

1. Der Radweg um den Schweriner See nennt sich Blaue Acht. Wie der Krakower See besteht der Schweriner aus einem nördlichen und einem südlichen Seeteil. Nehmen Sie sich ruhig Zeit und fahren Sie beide Teile in zwei separaten, entspannten 35-Kilometer-Runden. Mit welchem Sie anfangen, ist egal.
Der Innensee ist der südliche Teil. Normalerweise wird so was Untersee genannt, aber die Schweriner nennen ihn halt Innensee, wahrscheinlich, weil er an ihrer Innenstadt liegt.

2. Starten Sie in Rampe und biegen Sie links an der Hauptstraße ab. Machen Sie sich bereit für eine Enttäuschung: Der lokale Gebrauchtwagenhändler heißt nicht Resterampe.

Keine Panik, Sie müssen nicht wirklich über eine Rampe fahren, auch wenn das Schild ("zur Rampe") so aussieht. Da ist nur ein kleiner Hügel.

Stattdessen hat Rampe ein schönes Moor direkt an der Bundesstraße, in dem weiße Blumen blühen.

Dieses Moor befindet sich bereits zwischen den beiden Seen. Es dauert nicht mehr lange, dann können sie die auch beide sehen. Sie radeln auf dem Paulsdamm, der Deutschlands viertgrößten See seit dem 19. Jahrhundert in zwei Hälften teilt.
Der Außensee wird von einer Reihe Bäume abgeschottet, aber ab und zu schimmert er durch.

Vom Innensee auf der anderen Straßenseite sehen sie deutlich mehr. Seine nördliche Spitze ist blau, wellig und hat diverse weiße Punkte, die sich als Segelboote herausstellen. Also im Prinzip wie der Rest des Sees auch (ups, Spoiler). Aus dem richtigen Blickwinkel könnte man durchaus glauben, das sei eine Bucht der Ostsee.
Die meisten Boote dienen heute dem Freizeitvergnügen, früher hingegen dienten die meisten dem Nahrungserwerb. Damals lebten hier richtig viele Fische, vor allem Barsche und Kleine Maränen. Weil denen der Sauerstoff knapp wurde, sind das heute deutlich weniger und andere Arten.

Überqueren Sie per Brücke einen Kanal mit Motorbooten. Hier berühren sich Innen- und Außensee. Bei so einer dünnen Verbindung ergibt es wirklich Sinn, den Schweriner See als zwei verschiedene Seen zu sehen.

3. Biegen Sie links ab, der nächste straßenbegleitende Radweg bringt Sie direkt nach Schwerin. Den Innensee können Sie zwar vor lauer Bäumen nicht mehr erkennen, trotzdem sind Sie vom Wasser umgeben.

Weitere Kanäle und Seen umschließend die Stadt, darunter der Ziegelsee, der auch noch relativ groß ist. Versuchen Sie nicht, alle Seen zu sehen, das klappt eh nicht.

Suchen Sie lieber nach dem mit Abstand größten See, denn das ist ja schließlich der, den Sie umrunden wollen. Dort vermehren sich die Se(e)gelboote immer mehr und blockieren das ganze Wasser.

4. Folgen Sie den blassbunten klassizistischen Villen nach links zum Hafen, dabei bekommen Sie einen guten Eindruck von der (noch) eher zurückhaltenden Pracht der Stadt. Schwerin ist die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern, und zwar aus ähnlichen Gründen, aus denen das kleine Washington die Hauptstadt der USA oder Canberra die Hauptstadt Australiens ist.

5. Überqueren Sie die Brücke zur Schlossinsel und gucken Sie auf jeden Fall nach, wo die Landtagsabgeordneten drinsitzen. Da ist die Pracht der Stadt alles andere als zurückhaltend! Kneifen Sie die Augen zusammen oder setzen Sie eine Sonnenbrille auf, wenn all die goldgelben Türme, Spitzen und Kuppeln Ihnen im Gegenlicht entgegenleuchten. Selbst amerikanische Websites empfehlen mitunter einen Besuch dieses Schlosses (allerdings nur, weil es wie bei Disney aussieht).
Auf der Brücke sehen sie die Vorderseite mit den goldenen Statuen, wie sie die meisten Reiseführer zeigen. Sie werden das Schloss während der heutigen Tour aber noch aus vielen verschiedenen Richtungen, Blickwinkeln und Entfernungen sehen, von denen die Reiseführer keine Ahnung haben.

Auf dieser Insel stand schon vor mehr als 2000 Jahren eine slawische Burg. Das einzige, was man von der noch sieht, ist die Ringform. Das gelbe Gebäude, das heute auf diesem Ring steht, wurde 1857 fertiggebaut, also quasi gerade erst neulich. Deshalb sieht es auch so neu aus. Die Herzöge von Mecklenburg schmiedeten hier drin Intrigen gegen die Emporkömmlinge und Händler in Rostock, die sich mehr Unabhängigkeit wünschten, und herrschten ansonsten als altmodische Adlige über ihr eher hinterwäldlerisches Argarland.
Von innen ist das Schloss rotbraun und beinhaltet neben einem Parlament auch ein Museum. Auf diesem Bild ist es noch verschlossen. Sollte es inzwischen geöffnet sein, besichtigen Sie den prunkvollen Thronsaal der Mecklenburger Fürsten und den seltsamen Doppelstuhl für Verliebte, die darauf mit voneinander abgewandten Gesichtern unauffällig flirten konnten.

Sollte das Schloss geschlossen sein - macht nix, Sie haben ja immer noch den Schlosspark, und der ist noch schöner und dazu kostenlos. Die Schlossinsel ist mit Kieswegen, Treppen und Springbrunnen ausgestattet. An warmen Tagen sollten Sie Ihr Rad schieben, zum Fahren ist da zu viel los.
Natürlich ist das im Grunde nur ein künstliches Paradies, mit dem mittelalterliche Despoten angeben wollten - aber es sieht halt trotzdem toll aus.

Auf der herzförmigen Liebesinsel leben Weiden und Schwanenküken. Wenn Sie die Küken von Wasservögeln beobachten wollen, gibt es nirgendwo in Deutschland einen besseren Ort (abgesehen von der Rheinpromenade Oestrich-Winkel).

Zu einer Runde ums Schloss gehört natürlich auch die Durchquerung der leicht unheimlichen Grotte, in der das Seewasser schwappt.

6. Eine weitere Brücke bringt Sie zurück zum Festland, was aber nicht heißt, dass Sie weniger Wasser oder weniger Parks sehen werden.

Denn jetzt durchqueren Sie das Gelände der Bundesgartenschau. Neben alten Statuen und ein paar modernen Betonecken wurden die Gärten vor allem mit viel Wasser gestaltet.

Radeln Sie durch die drei Tunnel von Schwerin:

            Der Gruselgrottentunnel           Der Pflanzenrankentunnel        Der Weißrahmentunnel


Keine Sorge, die Vulkane auf dem Gelände sind nicht mehr aktiv. Nur die Kinder, die darin toben.

7. Folgen Sie dem Uferweg immer weiter nach links. Mit den saftigen Wiesen und Strandvillen erinnert er an die Müritz.

Gegenüber vom edlen Schloss stehen die schilfgedeckten Bootshütten des einfachen Volkes. Wobei das heute auch eher der vermögende Teil des einfachen Volkes sein dürfte.

Bewundert Sie eine Statue, die vollständig aus Müll besteht, der aus dem Schweriner See gefischt wurde.

Verzichten Sie auf einen Besuch in diesem etwas heruntergekommenen Freizeit- und Erlebnispark.

8. Unternehmen Sie eine Badepause in Zippendorf, dem Strand-Stadtteil in Schwerin.
Dieser Bogen aus Strandsand befindet sich am Ende einer Bucht. Der See hat hier eine Bucht nach der anderen, und immer mehr Landzungen schieben sich vor das Schloss. Trotzdem können Sie die Türme immer noch über den Baumwipfeln leuchten sehen.

9. Auch dem Schweriner Zoo können Sie gleich hier einen Besuch abstatten. Der ist nicht so groß wie in Rostock, hat aber zwei Besonderheiten: Zum einen gibt es hier Giraffen, deren Hals kürzer als erwartet ist.

Die andere Besonderheit ist der akute Freiheitsdrang der Erdmännchen. Die haben sich schon öfter aus ihrem Gehege gegraben und solche Löcher hinterlassen. Selbst mitten auf einer angrenzenden Verkehrsinsel sind sie schon aus der Erde aufgetaucht.

Das Lächeln der Nilpferde kritisieren manche Besucher als etwas hölzern.

10. Folgen Sie den Straßen durch die letzten Schweriner Vororte.
In Mueß finden Sie noch ein Freilichtmuseum, das laut manchen Besuchern ein echtes Mueß sein soll. Es zeigt alte Bauernhäuser und wie das landwirtschaftliche Leben darin früher so war, was ja im Prinzip das Thema der meisten Freilichtmuseen ist.

An der Bundesstraße in Raben Steinfeld (was für ein faszinierender, bildlicher Name) befinden Sie sich ganz in der Nähe von Pinnow an der Warnow, weshalb eine Seite des Warnowtal-Rundwegs hier entlangführt.
Dieser Kanal hier bringt Sie hingegen nicht zur Warnow, sondern zur Elde. Das ist doch ein Kanal, oder? Jein. Früher war das ein Fluss namens Stör, über den das ganze Seewasser in Richtung Elbe abfloss. Heute ist das der Elde-Stör-Kanal, wo nur noch ein Teil des Wassers abfließt. Sein Bau ließ 1842 den Wasserspiegel ordentlich sinken.

11. Dann dürfen Sie endlich in die Natur. Hier folgt ein wilder Waldweg dem Ufer, kleine Lichtungen sind inklusive. Vorsicht, wenn Sie ins flache Wasser laufen: Die spitzen Steine fühlen sich nicht direkt angenehm an. Indirekt auch nicht. Wenn Sie in den See wollen, ist es angenehmer, einen der umgestürzten Bäume zu besteigen und weiter hinten reinzuspringen.

Hierfür empfehle ich aufgrund seiner besonders lustigen Geräuschkulisse den Furzenden Baum. Die Wellen schwappen auf eine bestimmte Art durch ein Astloch in den hohlen Stamm, sodass jedes Mal die Luft mit einem absurden Pupsgeräusch herausgedrückt wird. Mit Kindern ist dieser Baum ein besonderes Highlight.
Wellen sind ja mehr als genug vorhanden, dank der vielen Segel- und Motorboote, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten über den See heizen.

Sollte der Pfad in einer Sackgasse zwischen Baumwurzeln verschwinden,...

...dann hätten Sie vor wenigen Metern auf einen anderen Pfad eine Etage höher wechseln sollen.
Der See ist nämlich 37 Meter hoch, den Wald hingegen haben die Gletscher der Eiszeit 60 Meter hoch aufgetürmt. Deshalb ist das Ufer sehr steil, trocken und naturbelassen. Moment, wieso trocken? Weil der Wind vom See kommt und das Steilufer trockenpustet. Zum Glück kommen genügend Tier- und Pflanzenarten locker damit klar. Suchen Sie im Boden also nicht nach Trinkwasser, die Chancen sind stehen schlecht. Und wieso naturbelassen? Weil es einfach zu schwierig ist, am Steilufer massenhaft Bäume zu fällen. Versuchen Sie also auch das nicht.

Lesen Sie auf den Texttafeln zwei merkwürdige Schweriner Sagen, die an diesem Ufer passiert sein sollen:

Zwei Schiffer nehmen zwei komisch angezogene Jungs als Anhalter mit, die sich plötzlich in zwei Truhen verwandeln, die Gold und eine grüne Glocke enthalten. Die Glocke schenkten Sie dem Schweriner Dom, das Gold den Armen (abzüglich einer kleinen Provision).

Ein Typ entdeckt einen Geheimgang unter dem See zum Schloss, der früher dem lokalen Schlossgeist namens Petermännchen gehörte. Als er einen gedeckten Tisch entdeckt, wird ihm das zu unheimlich und kehrt er nach wenigen Metern wieder um. (Entweder der Typ hatte sehr schwache Nerven oder dem Geschichtenerzähler sind die Ideen sehr schnell ausgegangen.)

12. Nehmen Sie ihn Görslow den steilen Pfad nach oben. Das Dorf besteht aus
a) dieser Bootshütte mit eigenem Kanal

b) einem versifften Bunker, den der Kindermund zutreffend folgendermaßen beschreibt: "Erst dachte ich, das sei gruselig, aber am Ende war es einfach nur ranzig."

c) Kleingärten
d) einer gelben Kapelle oben auf dem Hügel

e) diesem Klotz, der heute nicht mehr dem Geheimdienst, sondern einer Gedenkstätte gehört.
Sollten Sie oder Ihre Vorfahren vor 1989 im Bezirk Schwerin der DDR gelebt haben, lesen Sie darin nach, was für blödsinnig banale Dinge das Ministerium für Staatssicherheit über Sie notiert hat und dass der Nachbar, der schon immer so komisch war, Sie tatsächlich ausspionieren sollte.

13. Schließlich folgen Sie dem Radweg an der Hauptstraße durch extrem viele Rapsfelder. Genießen Sie den Geruch von Raps und Abgasen, bevor Sie wieder in Rampe ankommen.